15.07.2025
Ein kleiner Junge. Und ein großes Staunen.
Vor ein paar Tagen ist er auf die Welt gekommen: Marino, mein zweiter Enkel. So winzig, so vollkommen und doch wirbelt er mit seiner bloßen Anwesenheit so viel auf. Freude. Dankbarkeit. Ein ganz besonderes Aufgeregt sein.
Und wieder ist sie da, diese eine Frage, die mich schon bei der Geburt meiner Töchter und meines ersten Enkels begleitet hat.
Was möchte ich ihm mitgeben? Etwas fürs Leben.
Du musst nicht perfekt sein. Du darfst Umwege gehen!
Wir übergeben ja nicht nur Geschenke oder schaffen schöne Erlebnisse. Wir vermitteln ja auch Haltungen und Werte. Im besten Fall sogar ein inneres Geländer fürs Leben.
Ich wünsche mir, dass meine Enkel spüren:
- Du musst nicht perfekt sein.
- Du darfst Umwege gehen.
- Du darfst dich verlieren.
- Und du darfst immer wieder neu anfangen.
Vielleicht ist das das Wertvollste, was wir geben können: Die Gewissheit, dass das Leben nicht perfekt laufen muss, um erfüllend zu sein. Dass es sich lohnt, dranzubleiben, auch wenn es manchmal nicht danach aussieht.
Warum wir das Leben oft erst rückwärts verstehen
Der dänische Philosoph Søren Kierkegaard hat einmal gesagt:
„Das Leben wird vorwärts gelebt – und rückwärts verstanden.“
Und ja, mit 62 kann ich sagen: Genau so ist es.
Wenn ich heute zurückblicke, erkenne ich Muster, die mir damals verborgen waren. Ich sehe, wie sich scheinbar chaotische Wendungen gefügt haben, in ein ganz eigenes, ehrliches Leben.
Neurowissenschaftlich ist das übrigens kein Wunder: Unser Gehirn liebt Geschichten. Es will Sinn erkennen und dafür braucht es Abstand. Erst im Rückblick fügen sich Bruchstücke zu einem Bild. Was in der Situation wie ein Scheitern aussah, entpuppt sich später als Wendepunkt. Was wie ein Umweg wirkte, war manchmal die einzige echte Spur.
Und da kommt ein weiterer Lieblingsspruch von mir ins Spiel: „Umwege erhöhen die Ortskenntnis.“ 😉
Meine Umwege: Scheidung. Neuanfang. Neue Liebe. Rückkehr zur Selbstständigkeit.
Ich habe mich getrennt. Ich habe wieder geheiratet. Ich habe die Selbstständigkeit aufgegeben und sie mir später neu erkämpft. Ich habe gezweifelt, gehadert, neu angefangen. Und heute?
Heute stehe ich mitten im Leben. Mit allem, was war und allem, was noch kommt.
Ich bin noch lange nicht „fertig“. Und das ist gut so. 😇
Denn: Entwicklung hört nie auf. Und Veränderung ist kein Makel. Veränderung ist das Leben selbst.
Warum wir anderen mehr erlauben als uns selbst
Das Merkwürdige ist: Wir wünschen es unseren Kindern. Wir sagen es unseren Enkelkindern. Wir predigen es vielleicht sogar unseren Freundinnen: Du darfst Umwege gehen. Du darfst dich neu erfinden. Und was machen wir selbst?
Wir zögern. Wir zweifeln. Wir halten fest. Weil wir denken, jetzt sei es zu spät. Weil wir glauben, wir müssten längst angekommen sein. Weil wir meinen, wir müssten es besser wissen. Und all das hält uns davon ab, uns selbst die Freiheit zuzugestehen, die wir anderen ganz selbstverständlich einräumen.
Aber weißt du was?
Auch mit 50. Auch mit 62. Auch mit 70. Darf das Leben sich noch mal drehen.
Deine Geschichte zähltI
Ich glaube, das ist es, was am Ende wirklich zählt: Dass wir nicht aufhören, zu wachsen. Dass wir bereit sind, immer wieder hinzusehen und uns selbst die Freiheit zu geben, die wir so gern anderen zugestehen.
Ich weiß nicht, welchen Weg Marino gehen wird. Ich weiß nur: Ich möchte ihm sagen und es auch selbst leben:
- Du musst nicht perfekt sein.
- Du darfst zweifeln.
- Du darfst dir Zeit lassen.
- Und du darfst das Leben auf deine ganz eigene Weise verstehen.
Und du?
- Was möchtest du weitergeben?
- Was hast du verstanden: rückwärts?
- Was würdest du deinem „Jüngeren Ich“ sagen, wenn du heute noch einmal neben ihm sitzen würdest?
Wir freuen uns, wenn du deine Gedanken mit uns teilst. Schreib uns, es interessiert uns wirklich! info@erfolgreif.de
Herzlich,
Deine Sabine